Dienstleistungs- und Verkehrsgewerkschaft (DuVG)


Die Repräsentanten und Vorstände der DuVG arbeiten ehrenamtlich auf der Basis
des Grundgesetzes mit unumstößlichen ethischen und moralischen Werten,
deshalb können wir die Mitgliedsbeiträge so gering halten und das bei
entsprechender Qualität und Leistung.

slide image 1

Rechtsprechung

Aus der Rechtsprechung zum Arbeitsrecht

Eine Abmahnung wegen Weigerung an einem Personalgespräch teilzunehmen ist unwirksam

(BAG-Urteil vom 23.06.2009 – 2 AZR 606/08 –)

Sachverhalt:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Abmahnung. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Beklagte (eine Einrichtung der Altenpflege) strebte wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten eine Verminderung des 13. Monatsgehalts ihrer Mitarbeiter an.

Zu diesem Zweck fand am 1. November 2006 ein Gespräch mit einer Gruppe von Arbeitnehmerinnen statt, zu der auch die Klägerin (Altenpflegerin) gehörte. Die Arbeitnehmerinnen waren mit der Vertragsänderung nicht einverstanden. Daraufhin lud die Beklagte die Klägerin – ebenso wie andere Mitarbeiterinnen – zu einem Einzelgespräch für den 13. November 2006. Ziel des Gesprächs war es wiederum, die Klägerin zum Einverständnis mit der Verminderung des 13. Monatsgehalts zu bewegen. Die Klägerin erschien, wie erbeten, im Büro des Personalleiters, erklärte jedoch, nur zu einem gemeinsamen Gespräch unter Einbeziehung der übrigen Mitarbeiter bereit zu sein. Ein solches gemeinsames Gespräch lehnte die Beklagte ihrerseits ab und erteilte der Klägerin eine Abmahnung. Die Klägerin habe ihre Arbeitsleistung (in Form eines Personalgesprächs) verweigert. Die von der Klägerin erhobene Klage auf Herausnahme der Abmahnung aus der Personalakte hatte – wie schon beim Landesarbeitsgericht – vor dem zweiten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Die Klägerin war zur Teilnahme an dem Personalgespräch am 13. November nicht verpflichtet. Die darauf gerichtete Abmahnung war daher unwirksam. Entscheidungsgründe:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann der Arbeitnehmer in entsprechender Anwendung der §§ 242, 1004 BGB die Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus der Personalakte verlangen.

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin dadurch, dass sie der Aufforderung der Beklagten zur Teilnahme an dem Personalgespräch am 13. November 2006 nicht in der von der Beklagten gewünschten Weise folgte, keine Vertragspflicht verletzt. Die Klägerin war zur Teilnahme an dem Gespräch nicht aufgrund wirksamer Weisung der Beklagten verpflichtet. Der Arbeitgeber kann nach § 106 Satz 1,2 § 6 Gewerbeordnung gegenüber allen Arbeitnehmern Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Das Weisungsrecht betrifft danach zum einen die Konkretisierung der Hauptleistungspflicht, aber auch eine Vielzahl von weiteren Pflichten, deren Erfüllung unumgänglich ist, um den Austausch der Hauptleistungen zu ermöglichen. Da Weisungen regelmäßig keinem Formzwang unterliegen, können sie auch mündlich erteilt werden. Das beinhaltet die Berechtigung, den Arbeitnehmer zur Teilnahme an Gesprächen zu verpflichten, in denen der Arbeitgeber Weisungen in einem der oben genannten Bereiche vorbereiten, erteilen oder ihre Nichterfüllung beanstanden will.

Im vorliegenden Fall war die Weisung der Beklagten, die der Einladung zum Personalgespräch zugrunde lag, ausschließlich auf eine Verhandlung zur Vertragsänderung gerichtet. Die Klägerin sollte durch das Gespräch dazu gebracht

werden, die bisher nicht abgeschlossene Vereinbarung zur Gehaltsreduzierung zu unterzeichnen.

Damit bezog sich die Weisung aber auf keinen der von § 106 Gewerbeordnung abgedeckten Bereiche. Sie hatte keinen Bezug zur Arbeitspflicht der Klägerin, betraf keine leistungssichernden Nebenpflichten und ebenso wenig war die kollektive oder disziplinarische Seite der Arbeitspflicht betroffen. Der Arbeitgeber muss bei Weisungen auch die grundrechtlich geschützten Interessen des Arbeitnehmers berücksichtigen. Nach § 2 Abs. 1 Grundgesetz ist auch die Vertragsfreiheit geschützt. Diese umfasst – jedenfalls im Grundsatz - auch das Recht, Verträge nicht abzuschließen.

Die Weisung war somit nicht wirksam und musste daher von der Klägerin nicht beachtet werden. Somit lag kein Grund für eine Abmahnung vor.